Der Tobii C12 mit Augensteuerung – Kommunikation in einer neuen Dimension
Vivien nutzte seit ihrem dritten Lebensjahr Unterstützte Kommunikation. Sie wählte über metacom Bildkarten mit großer Freude Nahrungsmittel, Tätigkeiten und viel mehr aus. Dabei verfügte sie binnen kürzester Zeit über so viel Vokabular, dass wir ihr über ein Laptop mit Touchscreen die Talkersoftware von Tobii anboten.
Ihre Handfunktion verschlechterte sich jedoch weiterhin, so dass es für sie sehr frustrierend war, immer wieder ungewollt Symbole auszulösen.
Dann probierte sie zum ersten Mal die ihr bekannte Talkeroberfläche auf dem Tobii C12 mit Augensteuerung aus. Es dauerte nur einige Minuten und sie hatte verstanden, wie die Augensteuerung funktioniert. Sie manövrierte sich durch ihre verschiedenen Seiten und orderte sich Gummibärchen. Dass wiederholte sie dann noch mehre Male und ging dann über zur Schokolade. Durch den Erfolg beflügelt machte sie sich nun ein neues Prinzip zunutze:
„Schokolade- nein - Kekse - nein“ und das immer wieder. Irgendwann begriff ich – am Tag zuvor hatten wir ausnahmsweise Schokokekse gegessen und sie versuchte nun diese zu umschreiben. Außerdem schaute sie sich zum ersten Mal die Seite mit den Fragen genau an und probierte die Symbolfelder aus.
In den nächsten Tagen fragte sie mit ihrem Touchscreen Laptop immer wieder „wann?“ wenn sie ein Gespräch von uns über den Tobii mitbekam und endlich war es soweit: Der für einen Monat genehmigte Tobii wurde geliefert. Vivien bekam aber mit dem Gerät auch eine neu aufgebaute Struktur mit den ihr bekannten Symbolen, denn dank der Augensteuerung konnten wir nun viel mehr Felder auf jeder Seite unterbringen als zuvor auf dem Laptop mit Touchscreen.
Sehr interessiert erkundete sie ihre neue Kommunikationswelt und plapperte wild drauflos, während der Hilfsmittelberater die Halterung am Rollstuhl anbrachte. Dann sagte er: „So, dann mach ich mich mal auf die Socken“ und fing an zusammenzupacken, als Vivien mit dem Tobii: „Tschüss“ sagte. Daraufhin er, leicht verblüfft: „Tschüss, Vivien!“ und sie kontert: mit „Tschüss! Dankeschön! Tschüss!“
Eine Woche später war Chris zu Besuch. Beim Essen sagt sie: „Ich hab dich lieb!“ und wendet sich ihm strahlend zu. Daraufhin frag ich: „Und ich? Hast du mich auch lieb?“ Vivien antwortet: „nein – du – doof“ und grinst über beide Ohren und schaut zwischen mir und Chris hin und her, der selbstverständlich in schallendes Gelächter ausbrach.
Auch auf dem Weihnachtsmarkt nutzte sie ihren Talker. Sie wollte essen und wählte Wurst. Oma holte eine Krakauer und gab ihr ein Stück. Das wurde ausgespuckt. Dann sagte Vivien: „ekelig“. Etwas ratlos standen wir da und ich wollte gerade schimpfen, da sagte Vivien: „anders“. Nun lief Papa los und hole eine Schinkenwurst. Vivien aß und sagte auch noch „lecker“.
Wenn sie mit neuen Kindern in Kontakt kommt, gibt sie unheimlich gerne an, indem sie entweder ein Video anmacht und die Reaktion der anderen Kinder genießt, oder zu einer Runde Memorix auffordert.
Fazit: Der Tobii C12 hat das Leben mit unserer Tochter nicht einfacher gemacht. Die Struktur muss immer wieder erweitert werden und wir müssen auch Bemerkungen wie „doof“, „ekelig“ und „langweilig“ ertragen. Doch wir dürfen immer mehr von der Persönlichkeit unserer Tochter erfahren und können immer besser mit ihren Wünschen umgehen. Sie ist zufriedener, zugänglicher und sie kann auch mal ganz alleine eine Runde Memorix spielen oder sich Musik und auch ein kurzes Video anschalten. Außerdem kann sie mit dem Tobii durch die programmierbare Infrarot Fernsteuerung ihren Holzeisenbahnzug fahren, stoppen und tuten lassen.