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Workshop 2014

Bei diesem AKUK!-Workshop trafen sich am 5. und 6. April 2014 fast 100 Interessierte zu bekannten und neuen Vorträgen und Arbeitsgruppen in der Schule Tegelweg in Hamburg.

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Auch in diesem Jahr versuchten zehn AKUK!-Mitglieder wieder die Brücke von der Theorie zur Praxis zu schlagen. Ob adaptierte Gesellschaftsspiele (Stephi Bornfleth) oder Computerspiele (Romana Malzer), ob selbst gelötete Taster, Batterie-Unterbrecher und adaptierte Computermäuse (Stefan Hamann), oder Talker-Stukturen und Experten-Workshop (Lars Tiedemann und Alex Schuh), ob Ich-Buch-Grundlagen (Angela Hallbauer und Vera Sadewater) und früher Umgang mit Schrift (Angela Hallbauer), das Umsetzen von der Theorie in die Schulpraxis (Nicole Hillig) und natürlich die verschiedenen Hilfsmittel zur Kommunikation und Teilhabe (Marc Westphal und Angelika Koch-Buchtmann) - es war wieder ein bunter Mix an Informationen, die unsere Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit nach Hause nahmen.   

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Chris Hirsch, der an der Schule Tegelweg arbeitet, sorgte für die passende Umgebung, Almuth von Lukas half wo sie gebraucht wurde und Kristina Baudach sorgte dafür, dass alle Informationen in Ordnern gebündelt zur Verfügung standen. Berit Remde nahm mit ihr alle TeilnehmerInnen in Empfang und löste kleine und große organisatorische Probleme umgehend. Und wieder einmal beeindruckend: Kathrin Lemler mit ihrem Vortrag, wie sie ihr Leben mit Hilfe von Assistenz und UK meistert.

Auch die betreuten Töchter mit Rett-Syndrom und die Geschwisterkinder hatten einen ausgefüllten Tag mit ihren Betreuerinnen. Ob nun in der Turnhalle, im Snoezelen-Raum oder auf Sitzsack und Matte – auch hier wurde für Abwechslung gesorgt.

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Die Arbeit im AKUK! entwickelt sich immer weiter: während die einen noch auf der Suche sind und sich auf dem Workshop erst einmal orientieren, treffen sich andere bereits in Expertenrunden. Nicht nur für Eltern, BetreuerInnen, TherapeutInnen und PädagogInnen ist der AKUK!-Workshop immer wieder bereichernd. Der Austausch funktioniert in beide Richtungen. Auch die Referentinnen und Referenten nehmen neue Erkenntnisse aus den vielen Gesprächen mit und passen ihre Vorträge und Hilfsmittel an die Bedürfnisse des Einzelnen an. Es gibt viele Wege Kommunikation kreativ zu ermöglichen – im AKUK!-Workshop finden sie zusammen, um sich gegenseitig zu bereichern.

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Raum für Dialog

Nicole Hillig, Sonderpädagogin an der Schule Tegelweg, hielt einen vielfältigen Vortrag über Basale Kommunikation im Schulalltag.
Oberste Aufgabe in der Kommunikation ist einen Raum für Dialog und Beziehung zu schaffen und zu gestalten. Spaß und Freude erzeugen Aufmerksamkeit und machen Lernen möglich. Der Mensch hat ein Grundbedürfnis danach sich selbst Reize zu setzen. Nichts anderes macht ein Kleinkind, wenn es sich immer wieder und wieder streckt und beugt bis es sich vom Rücken auf dem Bauch dreht und wieder zurück. Wie kann man also Menschen, die den größten Teil des Tages im Rollstuhl verbringen diese  Erfahrungen zukommen lassen? Nicole Hillig zeigte in einem ihrer Filme, wie z.B. ein Taster gesteuertes Massagegerät funktioniert, das von ihrem Schüler nach eigenem Bedarf ein und ausgeschaltet wurde. Ein weiteres Beispiel mit besonderer Beziehungsebene zeigte sie im Film über ihre Schülerin, die nacheinander die Zeilen des Kniereiterverses „Hoppe hoppe Reiter“ auf einem Step-by-Step-Taster auslöste und nach jeder Zeile ganz gespannt auf die Bewegung auf dem Schoß der Lehrerin wartete. Auch auf die Fokus-Wörter ging Nicole Hillig ein. Dies sind Wörter, auf die man einen besonderen Fokus im Alltag setzt. Worte wie z.B. „Stopp“ und „noch mal“ sind vielfältig einsetzbar. Um diese Worte einzuführen kann man Situationen vorbereiten, in denen sie bis zu 100 Mal am Tag benutzt werden können. Zu diesen wichtigen Wörtern gehören auch solche mit selbst aktivierender und andere aktivierender Wirkung wie z.B. „schnell“ und „langsam“.
An der Schule Tegelweg ist UK als Unterricht übergreifendes Prinzip vereinbart worden. Nicht nur einzelne LehrerInnen nutzen die UK, sondern alle bringen UK in ihrem Unterricht unter. Das Förderziel UK ist an dieser Schule Pflicht.

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Ich oder über mich?

Selbst wenn unsere Töchter eine Kommunikationshilfe haben, wollen sie bestimmt nicht darüber sprechen was beim Toilettengang oder beim Anfall zu tun ist. Im Alltag unserer Töchter ist es aber wichtig, dass alle Beteiligten möglichst viel über sie wissen, denn gleiche Pflegerituale, dass Wissen wie ein normaler Alltag für sie aussieht, was ihr gefällt und was nicht, erleichtert nicht nur der Tochter das Leben. Um diese Informationen weiterzugeben wurde das Ich-Buch entwickelt. In ihm wurden einerseits Vorlieben und Abneigungen aufgeschrieben, andererseits aber auch die Beschreibungen von Pflegeabläufen, Notfallrichtlinien etc.

Angela Hallbauer, Sonderpädagogin und unsere Spezialistin für Ich-Buch und Co, trennt nun diese beiden Intentionen. Das Buch über Wissenswertes zu Pflege und Umgang nennt sie das „Über-mich-Buch". Es ist ein kleines Nachschlagewerk, das bei dem Übergang in eine andere Institution oder neuen Bezugspersonen einen Überblick geben soll. Es dient nur der Informationsweitergabe. Es muss nicht kindgerecht gestaltet sein und sollte kurze Beschreibungen enthalten.

Das „Ich-Buch" dagegen soll der Kommunikation dienen und deshalb so oft wie möglich gemeinsam angeschaut werden. Daher soll es nur enthalten, worüber die Töchter sprechen wollen würden: vielleicht die Lieblingsmusik, Familie und FreundInnen, Alltag, Freizeit, … Es sollte gesprächssteuernde Elemente enthalten, wie z.B. Ja-Nein-Karten, Weiter- oder Zurückblättern-Optionen, Frageangebote (z.B. „Und Du?") etc. Es dürfen auch viele Fotos enthalten sein, denn es soll ja zum Gespräch einladen. Eine kurze Darstellung, wofür dieses Ich-Buch gedacht ist und wie man damit umgehen kann, sollte an den Anfang gestellt sein. Das Ich-Buch wird zusammen mit der Tochter erstellt und bietet daher schon bei der Zusammenstellung viele Kommunikationssituationen. AKUK!-Mitglieder brachten Ich-Bücher und andere Erzählbücher mit und so kam eine bunte Auswahl zusammen, die die Ideen nur so sprießen ließ. Wie sähe denn Ihr ganz persönliches Ich-Buch aus?

Schrift - von Anfang an

Wie auch schon in der letztjährigen Schulungswoche hielt Angela Hallbauer  ihren Vortrag über Literacy - dem frühen Kontakt mit Sprache in seiner Verbindung zur Schrift. Bedenkt man, dass ein nicht vom Rett-Syndrom betroffenes Kind immer wieder mit dem Lieblings-Bilderbuch kommt und man es ihm gerne vorliest, dass das Kind also ganz automatisch die Wichtigkeit und den Umgang mit Schrift schon sehr früh lernt, haben Kinder mit einer Behinderung wie dem Rett-Syndrom diese Chance kaum. Schrift ist aber das Mittel unseres Kulturkreises mit dem sie sich am vielfältigsten eigenständig und verständlich ausdrücken können. Schrift ist für sie auf lange Sicht wichtiger, als das Erkennen von Symbolen. Wir Eltern müssen also dafür sorgen, dass unsere Töchter viel Kontakt zu Sprache in Verbindung mit Schrift bekommen. Hierzu gehört auch der spielerische Umgang mit Schrift beim Kritzeln und die liebevollen Interpretation dessen, was das Kind vielleicht schreiben wollte. Mit Hilde eines Sprachcomputers können auch unsere Töchter in Malprogrammen „kritzeln“ und mit der Bildschirm-Tastatur Buchstaben wild zusammenwürfeln. Das ist eine wichtige Entwicklungsstufe auf dem Weg zum Erlernen von Schreiben und Lesen. Während ein nicht behindertes Kind bei Beginn der Schulzeit einen großen Vertrauensvorschuss bekommt, dass es Lesen, Schreiben und Rechnen dort sicher lernen werde, ist die Einstellung zum Lernen bei Kindern mit Behinderungen eher von Zweifeln geprägt, sogar mehr von dem vermeintlichen Wissen, dass sie ohnehin nicht lernen können. Das führt dazu, dass man ganz basal anfängt und - in Ermangelung ausreichender Lernbeweise - oft dort verharrt und keine Steigerung im Lernstoff anbietet. Somit erzeugt man oft sich selbst erfüllende Prophezeiungen, die beweisen, dass behinderte Kinder nicht lernen können. Wie schön war da der Vortrag von AKUK!-Ehrenmitglied Kathrin Lemler. Sie erzählte, wie froh sie war, dass ihre Mutter von vornherein Lernfähigkeit vorausgesetzt und entsprechende Lernangebote immer wieder eingefordert hatte. Kathrin Lemler studiert zurzeit Erziehungswissenschaften an der Uni Köln. Sie hat zwar zeitliche Zugeständnisse für das Umsetzen der geforderten Leistungsnachweise bekommen, hat aber alle schulischen und akademischen Curricula „durchlaufen", um Ihrem Berufsziel näher zu kommen. 


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Assistenz, Phrasen, Buchstaben

Man fragt sich wie es eigentlich möglich ist, dass ein unterstützt sprechender Mensch auch noch einstündige Vorträge halten kann. Kathrin Lemler kann: Wie jede/r andere ReferentIn auch, hatte sie Präsentation und Film vorbereitet und begleitete diese mit ihren speziellen kommunikativen Mitteln. Auf ihrem Sprachcomputer hatte sie dazu Textblöcke vorbereitet, die sie nach Bedarf abrufen konnte. Um z.B. das Prinzip der imaginierten Buchstaben-Tafel zu beschreiben, mit der sie mithilfe ihrer Assistenten und Assistentinnen kommuniziert, zeigte sie in der Präsentation das Prinzip der 6 farblich codierten Felder mit je 6 Buchstaben und den einzelnen Buchstabenfeldern. Sie erklärte diese Zweischrittauswahl über Textblöcke ihres Sprachcomputers, und während die Textblöcke mit dem Computer gesprochen wurden zeigte sie mit ihrem Kopf wie dieses Prinzip funktioniert. Fragen von den TeilnehmerInnen beantwortete sie auf diesem Weg zusammen mit ihrer Assistentin, die ihre Kopfbewegungen Buchstabe für Buchstabe zu Worten und Sätzen zusammensetzte, bzw. ergänzte. Dies ist Kathrins bevorzugte Kommunikationsstrategie. Um diese Fähigkeit zu erlernen und fließend umsetzen zu können benötigt ein/e neue AssistentIn ca. sechs Monate. Inzwischen ist Kathrin selbständige Arbeitgeberin. Über ihr individuelles Budget stellt sie ihre AssistentInnen selber ein.
Dass sie aber auch um ihren Sprachcomputer beneidet wurde, zeigte die fünfjährige Vivien Bornfleth: auf Kathrins Schoss sitzend, sah sie immer wieder interessiert auf Kathrins Talker. Sie konnte jedoch nichts auslösen, so sehr sie es auch versuchte. Ihre Mutter Stephi stellte daraufhin Viviens Computer so auf, dass auch Vivien etwas sagen konnte. Vivien fragte als erstes „Was kostet?" Stephi: „Das ist sehr teuer, das bekommst Du vielleicht, wenn Du in die 2. oder 3. Klasse gehst." Vivien: „Ich kaufe!"

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Spiel und UK

Die schönsten Kommunikationssituationen sind die, die losgelöst von Leistungsdruck beim Spiel entstehen. Wie Gesellschaftsspiele mit Hilfe von Tastern und dem Sprachcomputer auch für unsere Töchter spielbar sind, zeigten Stephi Bornfleth und Angelika Oesterlen in ihrer Ausstellung und ihrem Vortrag. Der Inhalt des AKUK!-Koffers, mit Tastern, Powerlink, etc. belegte auch wieder einige Tische. Marc Westphal und ich konnten unseren einführenden Vortrag mit diesen Geräten erläutern. Und auch Romana Malzer widmete sich in ihrem Vortrag und ihrer Arbeitsgruppe den Spielen, die am Tablet und PC Spaß machen oder spielerische Lernerfolge anbieten. Für die frühen Schrift-Erfahrungen gibt es  für den Computer z.B. multimediale Bilderbücher, deren Inhalte über den Choicetrainer abgefragt werden können.

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Keine Rezepte

Der Workshop lebt vom Austausch. Jede Familie findet eigene Lösungen und setzt die Ideen unterschiedlich um. Es gibt keine fertigen Anleitungen. Mit der sich fast überschlagenden technischen Entwicklung entstehen immer wieder neue Wege. Welche sich bewähren werden, zeigen die Trampelpfade der Ideen erst in einigen Jahren. Ideen zu haben ist einfach, aber sie auch umsetzen zu können, dazu bedarf es auch schon mal der Spezialisten. Lars Tiedemann und Alex Schuh von der Firma tobii behoben in ihren Vorträgen, Einzelberatungen und Arbeitsgruppen alle großen und kleinen Probleme mit Sprachausgabegeräten. In dieser Arbeitsgruppe schaute man den anderen über die Schulter und stellte fest: so dumm bin ich gar nicht. Andere haben auch diese Probleme und keiner kann alles wissen! Viele kleine und große Aha-Erlebnisse bringen uns immer wieder weiter. Mit den Fachleuten im Rücken kann man Unbekanntes ausprobieren und braucht keine Angst zu haben, dass man das Internet „schrottet" (oder auch nur das Sprachprogramm).

Im Experten-Workshop dagegen wurden, nur für Fortgeschrittene, am Beispiel zweier Farbwürfel die speziellen Programmiermöglichkeiten erarbeitet. Die Gruppe war so vertieft, dass sie zum Abschlussgespräch in der Aula der Schule sogar persönlich abgeholt werden musste.

Besonders der Austausch in der Talker-Gruppe sorgt nicht nur bei den TeilnehmerInnen für Kenntnisgewinn. Gerade hier nehmen auch die Fachleute von tobii viele Anregungen und Bedürfnisse mit und setzen sie in Programm-Verbesserungen um, von denen wir wieder profitieren. So ist unser Workshop auch auf diesem Gebiet immer Trendsetter. 

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Entwicklung von Workshop zu Workshop

Jeder Workshop bringt uns wieder ein wenig weiter: Ging es anfangs noch darum, wie wir unseren Töchtern mithilfe von Tastern die Wenn-Dann Regeln vermitteln können, so kamen später die Sprachangebote über die sprechenden Taster und der Einsatz und Seitenaufbau der Sprachcomputer hinzu. Und nun sind wir bei verschiedenen Ansätzen des effektiven Vokabularaufbaus mit zunehmender Schriftkompetenz. Eins nach dem anderen entsteht aus den Erkenntnissen, die uns unsere Töchter zeigen konnten, weil wir ihnen Angebote machten. Die Workshops verändern sich durch wachsende Erfahrung und weiterentwickelte Technik. Hilfesuchende Eltern bekommen quasi fertige Seitensets und müssen das Rad nicht neu erfinden. Technische Probleme werden live und miteinander gelöst. Der Umweg über die Hilfsmittelverordnung usw. entfällt. Unsere Workshops bieten Lösungen der kurzen Wege.

War es auch, wie immer, viel Arbeit, so hat es sich doch wieder einmal gelohnt.

Angelika Koch-Buchtmann Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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